Blick ins Land: Pakt mit dem Teufel? NÖM füllt „Faire Milch“ ab


NÖM, NÖM-MIX, NÖM-IG: „Faironika“-Milch wird neuerdings von NÖM abgefüllt

Traktorauffahrten vor dem Werk, blockierte Betriebszufahrten, saftig-würzige Botschaften: Die Milchrebellen der IG Milch und der zum Raiffeisen-Imperium gehörende Molkereiriese NÖM waren sich bisher alles andere als grün. Alles vergeben und vergessen: Seit zwei Monaten wird die „Faire Milch“ mit Milch von NÖM-Bauern in Baden abgefüllt.

Dabei dürfte diese Unternehmensentscheidung in der NÖM-Zentrale ziemlich stillschweigend gefallen sein: Nur wenige Eingeweihte wissen auf Anfrage von BLICK INS LAND über die geradezu sensationelle Zusammenarbeit in der Milchbranche. Selbst gewöhnlich besser informierte Kreise geben sich auffällig wortkarg und sparsam mit Kommentaren. Man wolle nicht in alten Wunden rühren, so der allgemeine Tenor.

Völlig ahnungslos ist bisher augenscheinlich jedoch die breite Masse der 4.300 Lieferanten, die über die Milchgenossenschaft Niederösterreich für den Rohstoff der NÖM sorgen. Gerade aus diesem Pool hat die IG Milch in den vergangenen Jahren viele Unzufriedene abgefischt und mit besserem Milchgeld zu einem Wechsel zur „Fairen Milch“ animiert. Diese kehren nun quasi über die Hintertür wieder in die Produktionshallen der NÖM zurück.

Während so manchem gestandenen Genossenschaftler nun der Kragen platzt, betrachtet NÖM-Vorstandsvorsitzender Alfred Berger die Angelegenheit relativ emotionslos. „Die IG Milch ist für uns ein Kunde wie jeder andere. Als seriöser Geschäftsmann halte ich mich aber an Vereinbarungen, die ich zu erfüllen habe.“ Die NÖM habe durch den Kauf der Milchsparte der burgenländischen Molkerei Mona im Jahr 2008 auch deren Verträge mit der „Fairen Milch“ übernommen. Bis zum Zeitpunkt der Übernahme war in Oberwart die 1-Liter-Frischmilch abgefüllt worden; die Produktion war damals an die Privatmolkerei Seifried im oö. Innviertel übertragen worden. Vor zwei Monaten sei diese Kooperation mit Seifried „aus qualitativen Gründen beendet worden“, so Berger.

Mittlerweile erfüllt die bereits mehrfach belagerte NÖM die „geerbten“ Verträge selbst. Mit der Milch der MGN-Lieferanten werden nun die 1 Liter Tetrapackungen mit„Faironika“-Aufdruck befüllt. Berger: „Als Inverkehrbringer müssen wir Verantwortung für die Produktqualität übernehmen.“ Kein Problem hat der Molkereiboss mit der doch etwas schiefen Optik betreffend der Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Erzfeind: „Politik interessiert mich nicht.“

Umgekehrt dürfte aber die Politik sehr wohl höchst interessiert an den Auswirkungen der Allianz sein – auch wenn keiner der relevanten Vertreter aktuell aus der Deckung gehen will. „Hätte die NÖM diese Milch nicht genommen, wäre wohl wieder Krieg“, wird hinter vorgehaltener Hand gemutmaßt.
Dass damit die Zeit der gegenseitigen Angriffe mit der völlig  neuen wirtschaftlichen Situation passé ist, daran glauben nicht alle Branchenkenner. „Alleine die politische Ausrichtung ist ja schon brisant. Der Raiffeisensektor tiefschwarz, die IG Milch eher aus der blauen Richtung – da werden sich Leute auf beiden Seiten fragen lassen müssen, wie das geht“, heißt es.

Sehr lobend äußert sich dagegen der Erfinder der „Fairen Milch“, Ernst Halbmayr, über die Geschäftsbeziehungen zur neuen „NÖM-IG“: „Wir haben das Unternehmen als sehr korrekten Partner kennengelernt.“ Protestaktionen gegen das börsennotierte Unternehmen wie die Betriebsblockade seien allesamt in der Zeit vor der Kooperation durchgeführt worden. Überrascht zeigt sich der ehemalige Vizeobmann der IG Milch indes darüber, wie viele “Experten“ erst jetzt von der Verbindung zur NÖM erfahren haben wollen: „Unsere Faire Milch wird doch schon lange unter deren Schirmherrschaft produziert.“

Internet: www.ig-milch.at

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