Das ist nicht fair gegenüber den kleineren Milchbauern

Pressemitteilung der IG-Milch zum Weltmilchtag 2021

Der Weltmilchtag am 1. Juni ist für die IG-Milch Anlass, die letzten Entwicklungen kritisch unter die Lupe zu nehmen. Als „höchst unfair“ wird die Mengenstaffelung bei Milchlieferungen gesehen, wo große Liefermengen mit einem besseren Preis bezahlt werden als kleine. Dazu wird von verschiedenen Seiten mit der Bezeichnung „faire Milch“ der Markenkern der Bemühungen der IG-Milch desavouiert. Der Druck auf das wertvolle uns umgebende Ökosystem muss reduziert werden.

„Große Liefermengen von Milch werden mit einem höheren Preis bezahlt. Das ist höchst unfair gegenüber den kleineren Milchbauern. Gerade die Logik des Immer-Größer und Immer-Mehr bei den etablierten Bauernvertretern, bei Molkereien und Verarbeitungsbetrieben treibt die kleinen Landwirte in die Verzweiflung. Nicht nur, dass sie zu Rohstofflieferanten degradiert werden, müssen sie in ihrer zum Großteil naturnahen und oft biologischen Bewirtschaftung Nachteile im Preis in Kauf nehmen. Es ist höchste Zeit, diese Ungleichbehandlung zu beenden und in Folge, wenn schon eine Bevorzugung passieren soll, die kleineren Bauern mit einem besseren Milchpreis bevorzugt werden.“ Ernst Halbmayr und Ewald Grünzweil fordern das mit Blick auf das grundlegende „BASIS- und RICHTUNGS-MANIFEST der IG-Milch für eine klima- und mitweltgerechte Land- und Milchwirtschaft“. Als Ausgangspunkt für eine neue Milchwirtschaft wird dort 2020 der gesicherte Rohmilchpreis ab Hof im konventionellen Bereich von 0,50 EUR und im biologischen Bereich von 0,70 EUR für kleinstrukturierte Landwirtschaft bis 30 Milchkühe gefordert. Die Beträge müssten an die Preissteigerungen angepasst werden. „Nach unseren Beobachtungen gehen die derzeitigen Entwicklungen nach wie vor in die ganz falsche Gegenrichtung, weil „groß“ bevorzugt wird“, betonen die über Österreich hinaus bekannten Experten für Milchproduktion und -vermarktung. Die Natur ist Vielfalt und braucht daher viel mehr Diversität und weniger an Optimierung und Auspressen von Lebewesen und Nutztieren. „Wir befinden uns bei vielen bäuerlichen technisierten Großbetrieben in der Phase der Selbstvernichtung der natürlichen Produktionsgrundlagen wie Humus und Biodiversität.“ Einen besonderen Beitrag leisten dazu die zum Teil aus Übersee importierten Kraftfuttermittel, „die sofort radikal verringert und am Ende gestoppt werden müssen“. Weiters braucht es die dramatische Reduktion von Spritzmittel und künstlichem Dünger und dafür die Ausweitung von Dauerwiesenflächen für eine nachhaltige Humusbildung.

Unfaire und subtile Methoden

Zur Prekarisierung der kleineren Bauern trägt die allgegenwärtige Zentralisierung der Produktions- und Verarbeitungsprozesse bei. Direktvermarktung wird als Ausweg dafür gesehen, diesem Druck der Molkereien zu entkommen. Die IG-Milch kann belegen, „dass gerade die Direktvermarkter bestraft werden, die wegen erfolgreicher Direktvermarktung die von der Molkerei geforderte Milchmenge nicht erreichen. Strafzahlungen und Abschläge sind die subtile Methode, die Bauern gefügig zu halten“. Gerade neue Formen der Kooperation von Bauern und Konsumenten werden argwöhnisch beobachtet. Sind sie erfolgreich, werden alle Mittel eingesetzt, um diese neuen Erfolgsmodelle direkter Kundenbeziehung mit allen Mitteln in die bestehenden Produktions-, Verarbeitungs- und Marketingprozesse „heimzuholen“.  Dazu die klare Ansage der IG-Milch: „Wir erwarten uns von den genossenschaftlichen Molkereien und Verarbeitungsbetrieben Subsidiarität als Unterstützung und nicht Beherrschung durch Unterwerfung unter das derzeit herrschende Regime von Regelungen und Abhängigkeiten.“ Halbmayr und Grünzweil erheben eine schon lange im Raum stehende Forderung neu: „Trennen wir die Milchproduktion von der Verarbeitung. Das würde die Situation der Bauern stärken und die subtile Abhängigkeit verringern.“ Diesbezüglich wird ein Milchbauer aus dem Mühlviertel gerichtlich gegen die Wettbewerbsbehörde vorgehen und juristische Schritte gegen die Berglandmilch einschlagen, „weil ihm illegaler Weise Milchgeld vorenthalten wird und wurde“. Geht dieser Präzedenzfall positiv aus, wird die „Bergland-Milch“ viele so bestrafte Bauern entschädigen müssen.

Die Landwirtschaft altert

Die europaweite Studie des European Milk Board (EMB) belegt, dass 5 % Bauern mit Milcherzeugung jünger als 35, 14 % von 35 – 44 und 81 % über 44 Jahre alt sind. „Ohne Junglandwirte auf breiter Basis wird es keine Zukunft der europäischen Milcherzeugung geben. Das trifft genauso auf Österreich zu.“ Jahrelang wird von verschiedenen unabhängigen und kritischen bäuerlichen Vertretungen wie die IG Milch darauf hingewiesen, dass nur ein fairer Erzeuger-Milchpreis eine Investition in die Zukunft für eine faire Milchproduktion ist. „Derzeit schaut es aber so aus, dass der Milchpreis weitestgehend stagniert, während die Kosten für Futter und Klimafolgen galoppieren, weil beispielsweise die Futterknappheit aufgrund von Trockenheit viele Betriebe erreicht hat. Die Kosten bleiben einseitig beim Erzeuger, den Bauern dafür hängen.“ Halbmayr und Grünzweil bestätigen, „dass in vielen Verhandlungsfeldern auf EU-Ebene und in Österreich die tatsächliche Lage der Bäuerinnen und Bauern – und hier vor allem die kleineren, strukturentscheidenden – außer Acht gelassen werden. Speziell viele Junglandwirtinnen und Junglandwirte haben den Eindruck, dass sie bestenfalls ganz am Rand dieser Strategien oder der zahlreichen nationalen Maßnahmen stehen gelassen werden. Es braucht eine neue Aufmerksamkeit für die kleinstrukturierten, mitweltgerechten Landwirtschaften, damit junge Bäuerinnen und Bauern wieder mehr Geschmack daran finden, diesem naturverbundenen Beruf nachzugehen.“ Mit dem Projekt „Richtig rechnen“ soll zudem ein neues Kapitel aufgeschlagen werden, in dem nicht die Ausbeutung und Optimierung der Natur die Basis und Richtung aller Berechnungen sind, sondern die Sorgfalt der Natur, der Mit- und Umwelt gegenüber. Eine unkomplizierte Ermöglichung und Förderung neuer Übergabe- und Zusammenarbeitsformen landwirtschaftlicher Betriebe sollen in diesem Zusammenhang auch einen Beitrag leisten.

Rückfragehinweis:

Ewald Grünzweil >> 0664 99819029
Ernst Halbmayr >> 0664 9249635

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27. Mai 2021

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