Frankreich: Oberstes Gericht kippt Herkunftskennzeichen für Milch

In Frankreich hat der Staatsrat die Pflicht zur Herkunftskennzeichnung von Milch und Milchprodukten aufgehoben.

Norbert Lehmann, agrarheute am Montag, 15.03.2021 – 11:33

Das höchste französische Gericht, der Staatsrat, hat die Pflicht zur nationalen Herkunftskennzeichnung von Milch und Milchprodukten für illegal erklärt.

Mit seiner Entscheidung folgt der französische Staatsrat einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober 2020. Darin hatte der EuGH zwar die Möglichkeit für verpflichtende nationale Ursprungsangaben bestätigt, die Kennzeichnung aber daran gebunden, dass zwischen der Qualität des Lebensmittels und seiner Herkunft nachweislich eine Verbindung besteht. Willkürliche nationale Ursprungsangaben sind mit dem freien Warenverkehr und dem Diskriminierungsverbot im europäischen Binnenmarkt nicht vereinbar.

Dieser Argumentation folgte nun auch das oberste französische Gericht mit Urteil vom 10. März 2021. Nach Auffassung des Staatsrates hat die Regierung nicht objektiv dargelegt, dass zwischen der geografischen Herkunft und der Qualität der Milch oder verarbeiteter Milchprodukte ein Zusammenhang besteht. Darum erklärte der Staatsrat die entsprechende nationale Kennzeichnungsverordnung für nichtig.

Lactalis-Gruppe siegt vor Gericht

Gegen die Verordnung geklagt hatte die französische Molkereigruppe Lactalis. Mit einem Dekret hatte die Regierung in Paris im Januar 2017 die Pflicht eingeführt, dass Milch und Milchprodukte auf dem Etikett mit dem Ursprungsland der Milch zu kennzeichnen sind. Statt dem Land darf die Angabe auch „Ursprung: EU“ oder „Ursprung: Nicht-EU“ lauten. Importierte Erzeugnisse sind von der Regelung ausgenommen.

Die EU-Kommission hatte die Kennzeichnung als Pilotprojekt befristet genehmigt. Gegen diese Form der Herkunftskennzeichnung setzte sich Lactalis nun aber höchstrichterlich erfolgreich durch.

Wildwuchs an nationalen Ursprungsangaben wird ein Riegel vorgeschoben

In Deutschland hatte der Milchindustrie-Verband (MIV) bereits nach dem EuGH-Entscheid im vergangenen Herbst die Einschätzung geäußert, dass der französische Staatsrat keine andere Wahl haben werde, als das nationale Dekret aufzuheben.

Der Fall „Lactalis“ dürfte über den französischen Markt hinaus Bedeutung erlangen. In mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind nämlich Bestrebungen zu erkennen, Lebensmittel mit ihrem nationalen Ursprung zu kennzeichnen. Das EuGH-Urteil und seine Umsetzung in Frankreich machen deutlich: Für eine verpflichtende nationale Herkunftsangabe sind strenge europarechtliche Vorgaben einzuhalten.

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